Rätsel des Unbewußten
Unterstütze unser Projekt auf Patreon und erhalte das Skript zur aktuellen Folge
Episodenbeschreibung:
»Du kannst tun, was immer du willst! Aber ausgerechnet mit diesem Mann, mit dem wirst du doch dein Glück nicht finden.« – »Du mußt nicht zum Geburtstagsessen kommen, wenn du keine Zeit hast. Aber Onkel Heinz wird sehr traurig sein, er hat schon nach dir gefragt!« – »Ja, ich weiß, dir ist deine Eigenständigkeit wichtig. Aber eine eigene Wohnung, das macht doch keinen Sinn! Du kannst doch hier wohnen bleiben, das ist viel günstiger, wir lassen dir auch deine Ruhe.«
– Solche und ähnlich Sätze sind wohl in jeder Familie bekannt. In manchen Familien hat diese Art der Kommunikation aber System. In dieser Folge befassen wir uns mit der sogenannten »Gummizaun-Familie«. Nach außen hin meist unauffällig, nach innen äußerst konfliktträchtig, handelt es sich um Familien mit einer geradezu unentrinnbaren Bindekraft. Im Unterschied zur »Clan-Familie«, in der Abweichung offen mißbilligt und attackiert wird, ist in der Pseudogemeinschaft eine subtile Form von Abhängigkeit in die Kommunikation gewoben, ein schwer greifbares Verbot von Abgrenzung und Individuation: Jenseits der Familie droht die Katastrophe. Riskiert ein Familienmitglied den Ausbruch aus dem Familiensystem, beginnt ein gewaltsames Ringen, das manchmal bis in die Krankheit führen kann.
Anmeldung zum Newsletter: Mail mit Betreff “Anmeldung Newsletter” an: Lives@psy-cast.org ¹
Literaturempfehlungen:
- Bateson, G., Jackson, D.D., Haley, J., Weakland, J.W (1969). Auf dem Weg zu einer Schizophrenie-Theorie. In: Schizophrenie und Familie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 11–43.
- Cierpka, M. (2002). Das Familiengefühl. Psychoanalytische Familientherapie, 2(1), 4, 67– 83.
- Cierpka, M. (2015). Warum sind Geschwister so verschieden? Psychoanalytische Familientherapie, 16, 9–24.
- Langhirt, V. (2017). Psychoanalytische Familientherapie: Bedeutung und An-wendung in der Praxis. Stuttgart: Kohlhammer.
- Massing, A., Reich, G., Sperling, E. (2006). Die Mehrgenerationen-Familientherapie (5. Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht.
- Minuchin, S. (1974). Families and family therapy. Cambridge, MA: Harvard University Press.
- Plessner, H. (2002). Grenzen der Gemeinschaft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
- Reich, G. (2001). »Bei uns war das ganz anders!« Familiengeheimnisse und Familienmythen. Kontext, 32, 5–19.
- Reich, G. & von Boetticher, A. (2020). Psychodynamische Paar- und Familientherapie. Stuttgart: Kohlhammer.
- Reich, G. (2019). Das Familiengefühl – Entwicklungslinien und Probleme. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 68, 5, 359–375.
- Richter, H.-E. (2012). Patient Familie. Entstehung, Struktur und Therapie von Konflikten in Ehe und Familie. Gießen: Psychosozial.
- Stierlin, H. (1970). Die Familienbeziehung. Psyche, 9, 678–691.
- Vogel, E. & Bell, N.M. (1969). Das gefühlstgestörte Kind als Sündenbock der Familie. In: Schizophrenie und Familie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 245–273.
- Watzlawick, P., Beavin, J. H., Jackson, D. D. (2011): Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien. 12. Auflage. Bern: Huber.
- Wirick D.M., Teufel-Prida L.A. (2019). Closed Systems in Family Systems Theory. In: Lebow J., Chambers A., Breunlin D. (Hg.), Encyclopedia of Couple and Family Therapy. Springer: Cham.
- Wynne, L. C., Ryckoff, J. M., Day, J. & Hirsch, S. (1969). Pseudogemeinschaft in den Familienbeziehungen von Schizophrenen. In: Schizophrenie und Familie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 44–80.
- Wynne, L. (1976). Über Qual und schöpferische Leidenschaft im Banne des »double bind« — eine Neuformulierung. Psyche, 1, 24–35.
Wir freuen uns auch über eine Förderung unseres Projekts via Paypal
¹Mit der Anmeldung zum Newsletter stimmen Sie unseren Datenschutzbestimmungen zu, die wir konform zur DSGVO behandeln. Eine genaue Erklärung finden Sie unter:
https://tinyurl.com/d9zvz8ee
Herzlichen Dank für den neuen interessanten Beitrag!
Eine – im wahrsten Sinne des Wortes – “Wahnsinnsfolge”. Für mich die allerbeste bisher. Bitte macht weiter so! Grüße mit Gummizaun im Rücken!
Man könnte vielleicht mehr berücksichtigen, dass auch der Therapeut sein eigenes Wertesystem in die Therapie mit einbringt. Die Vorstellung, wann eine Familie gesund ist, hängt auch mit den eigenen Vorstellungen über eine ideale Gesellschaft zusammen. Es handelt sich dabei nicht unbedingt um objektiv, aus sich selbst heraus, bestehende Wahrheiten.
Vergessen sollte vielleicht nicht werden, dass Familien auch Funktionen in übergeordneten Zusammenhängen (von Schichtzugehörigkeit (auch Erwerbstradition) über Religion, Ethos bis in politische Ausrichtungen) wahrnehmen, von denen Abweichungen ernste Konsequenzen für die ganze Familie haben können, so dass in diesem Sinne die Ängste sehr begründet sind. Außerdem haben manche Kinder – von Geburt an – eine existentiell stabilisierende (Container-) Funktion in bestimmten Familien (Stw. transgenerationale Traumatisierung), so dass deren Ausscheiden das ganze Familiensystem bedroht.